Grundsätzliches Anzeigerecht
Zur Strafanzeige ist jede Person berechtigt (Art. 301 Abs. 1 StPO). Dasselbe gilt für Hinweise an die Polizei, welche diese zum Handeln gestützt auf das Polizeigesetz veranlassen können (§ 4 Abs. 1 PolG; LS 550.1), sowie für Meldungen an die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde KESB, wenn eine Person hilfsbedürftig erscheint (Art. 443 Abs. 1 des Zivilgesetzbuchs; ZGB; SR 210).
Anzeigerecht trotz Schweigepflicht
Öffentliche Organe (Behörden wie z.B. die KESB, Beamte wie z.B. Polizistinnen und Polizisten) unterstehen dem Amtsgeheimnis im Sinne von Art. 320 des Strafgesetzbuchs. Private können unter Umständen als Beamte in Frage kommen (siehe Ziff. 6.1) und damit ebenfalls dem Amtsgeheimnis unterstehen. Sind sie Berufsgeheimnisträger (was z.B. auf Ärztinnen und Ärzte zutrifft), so unterstehen sie dem Berufsgeheimnis im Sinne von Art. 321 StGB. Abgesehen davon können Private einigermassen frei Auskunft geben, unterstehen aber immerhin dem Datenschutzgesetz des Bundes, das für die Datensammlung und Datenherausgabe Vorschriften aufstellt. Konkretisiert werden das Amts- und das Berufsgeheimnis in den für die jeweilige Personengruppe geltenden Spezialbestimmungen. So beispielsweise für die KESB in Art. 451 ZGB, für die Opferberatungsstellen in Art. 11 des Bundesgesetzes über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG; SR 312.5) oder für Personen, die im Kanton Zürich einen Beruf des Gesundheitswesens ausüben, in § 15 des Gesundheitsgesetzes (GesG; LS 810.1). Will ein öffentliches Organ Geheimnisse preisgeben, bedarf es der Einwilligung der vorgesetzten Behörde (Art. 320 Ziff. 2 StGB) oder eines andern Rechtfertigungsgrunds. Im Vordergrund steht dabei der Rechtfertigungsgrund der gesetzlich erlaubten Handlung (Art. 14 StGB); vgl. auch § 16 Abs. 1 lit. a IDG und § 17 Abs. 1 lit. a IDG, wonach öffentliche Organe (besondere) Personendaten bekanntgeben dürfen, wenn eine rechtliche Bestimmung sie dazu ermächtigt. Will ein Berufsgeheimnisträger ein Geheimnis preisgeben, bedarf es der Einwilligung des Berechtigten, also des Geheimnisherrn, der vorgesetzten Behörde oder der Aufsichtsbehörde (Art. 321 Ziff. 2 StGB) oder eines andern Rechtfertigungsgrunds. Im Vordergrund steht dabei der Rechtfertigungsgrund der gesetzlich erlaubten Handlung (Art. 14 StGB). Als Rechtsgrundlagen für die gesetzlich erlaubte Handlung kommen namentlich Bestimmungen der StPO, des ZGB, des IDG und des Gesetzes über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess (GOG; LS 211.1) in Frage. Desgleichen finden sich solche Bestimmungen in den für die jeweilige Personengruppe geltenden Spezialerlassen.
Meldung durch öffentliche Organe
Ausserhalb eines Strafverfahrens ist die Bekanntgabe von (besonderen) Personendaten durch ein öffentliches Organ nach Massgabe von § 16 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 sowie § 17 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 IDG erlaubt. Vorausgesetzt ist, dass die Bekanntgabe der (besonderen) Personendaten im Einzelfall zur Abwendung einer drohenden Gefahr für Leib und Leben unentbehrlich oder der notwendige Schutz anderer wesentlicher Rechtsgüter höher zu gewichten ist, oder ein anderes öffentliches Organ im Einzelfall die (besonderen) Personendaten verlangt und diese zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben benötigt. § 52 Abs. 4 PolG verweist auf die gleichen Bestimmungen, weshalb für die polizeiliche Tätigkeit im Bereich der Prävention und der Gefahrenabwehr dieselben Regeln gelten. Überdies sieht das Gesetz in § 16 Abs. 1 lit. b und § 17 Abs. 1 lit. b IDG auch die Möglichkeit der Einwilligung der betroffenen Person in die Bekanntgabe ihrer (besonderen) Personendaten vor. Zu beachten ist zudem, dass § 23 IDG verschiedene Gründe für die Einschränkung der Bekanntgabe von Informationen durch ein öffentliches Organ vorsieht. Dies gilt namentlich, wenn die Bekanntgabe der Information die Wirkung von Untersuchungs-, Sicherheits- oder Aufsichtsmassnahmen gefährden (Abs. 2 lit. c) oder die zielkonforme Durchführung konkreter behördlicher Massnahmen (Abs. 2 lit e) oder die Privatsphäre Dritter beeinträchtigen könnte (Abs. 3). Aus einem hängigen Strafverfahren dürfen Strafbehörden Personendaten zwecks Verwendung in einem andern hängigen Straf-, Zivil- oder Verwaltungsverfahren bekannt geben, wenn anzunehmen ist, dass diese Daten dort wesentliche Aufschlüsse geben können (Art. 96 Abs. 1 StPO) und der Bekanntgabe keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen (Art. 101 Abs. 2 StPO). Strafbehörden dürfen andere Behörden über die von ihnen geführten Verfahren informieren, wenn die Voraussetzungen von § 17 IDG erfüllt sind (§ 151 Abs. 1 GOG; vgl. dazu den vorherigen Abschnitt). Umgekehrt stellen Verwaltungs- und Gerichtsbehörden ihre Akten der Staatsanwaltschaft und den Gerichten für das Strafverfahren zur Einsichtnahme zur Verfügung, wenn dies für den Nachweis des Sachverhalts oder die Beurteilung der beschuldigten Person erforderlich ist und der Herausgabe keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Geheimhaltungsinteressen entgegenstehen (Art. 194 Abs. 1 und 2 StPO).
Meldung durch Öffentliche Organe oder Berufsgeheimnisträger
Besteht die ernsthafte Gefahr, dass eine im erwachsenenschutzrechtlichen Sinne hilfsbedürftige Person sich selbst gefährdet oder ein Verbrechen oder Vergehen begeht, mit dem sie jemanden körperlich, seelisch oder materiell schwer schädigt, dürfen Personen, die dem Amts- oder Berufsgeheimnis unterstehen, der Erwachsenenschutzbehörde Mitteilung machen (Art. 453 ZGB). Daneben gibt es einige Spezialbestimmungen, die für bestimmte Personengruppen Melderechte vorsehen, so beispielsweise für Opferberatungsstellen in Art. 11 Abs. 3 OHG oder für Personen, die im Kanton Zürich einen Beruf des Gesundheitswesens ausüben, in § 15 Abs. 4 GesG. Die Voraussetzungen der Datenbekanntgabe sind den entsprechenden Vorschriften zu entnehmen.